Eventcafé mit Anna Reiners

In meinem EVENTCAFE interviewe ich Menschen aus der Veranstaltungswirtschaft und darüber hinaus, die ihre eigene Sicht auf Nachhaltigkeit, Inklusion oder Kommunikation bei Events mitbringen.

Profilfoto von Anna Reiners. Sie hat blonde lockige Haare, trägt ein schwarzes Oberteil und lächelt in die Kamera. Im Hintergrund eine verschwommene Wiese.

Heute mit Anna Reiners

Selbstständige Beraterin im Bereich Kreislaufwirtschaft und Innovation

Aus meiner Sicht besteht in der nachhaltigen Eventplanung eine große Chance für die Branche, um sowohl dem Fachkräftemangel als auch den grassierenden Preissteigerungen in allen Bereichen etwas entgegenzusetzen.

Kerstin Hoffmann-Wagner: Bitte stell Dich kurz vor – wer bist Du und was genau machst Du?

Anna Reiners: Ich bin Anna Reiners, selbstständige Beraterin im Bereich Kreislaufwirtschaft und Innovation. Bis Anfang des letzten Jahres habe ich bei Ernst und Young als Managerin im Bereich Innovation gearbeitet. Ich habe dann meine beiden Herzensthemen Innovation und Kreislaufwirtschaft kombiniert und mich mit Solve Circular selbstständig gemacht. Jetzt begleite ich Unternehmen auf ihrem Weg in die Kreislaufwirtschaft. Zusätzlich habe ich hier in meiner Wahlheimat im Schwarzwald in diesem Jahr mit zwei Mitstreiter:innen Circular Black Forest ins Leben gerufen – eine Initiative, die darauf ausgerichtet ist, ein Multi-Akteur-Netzwerk aus Politik/Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft zu bilden, um systemische Lösungen für gemeinsame Herausforderungen zu entwickeln.

Wie bist Du zum Thema Kreislaufwirtschaft gekommen?

Ich habe mich vor allem auch in meinem nebenberuflichen Kontext immer wieder mit dem Thema Nachhaltigkeit und insbesondere mit nachhaltigen Designstrategien auseinandergesetzt. Dabei bin ich auf das Konzept der Kreislaufwirtschaft gestoßen, das mich seitdem nicht mehr losgelassen hat. Das Konzept erschien mir auf Anhieb als eine gute und zielführende Möglichkeit, eine nachhaltige Zukunft zu gestalten. Nachdem ich tiefere Einblicke im Rahmen eines umfangreichen Innovationsprojekts zum Thema Kreislaufwirtschaft mit Akteur:innen aus unterschiedlichen Bereichen der Wirtschaft und Wissenschaft erhalten durfte, habe ich beschlossen, Innovation in Kombination mit Kreislaufwirtschaft zum Zentrum meiner beruflichen Tätigkeit zu machen.

In den EVENTCAFE-Interviews möchte ich immer den Bezug zur Veranstaltungswirtschaft herstellen, deshalb als Einstieg dazu die Frage nach Deiner Einschätzung “von außen”: Wo steht die Veranstaltungsbranche Deiner Meinung nach in Sachen Nachhaltigkeit?

Nach allem, was ich momentan mitbekomme, wirkt das Thema Nachhaltigkeit von zwei Seiten auf die Veranstaltungsbranche. Zum einen ist zu sehen, dass schon einige Akteur:innen innerhalb der Branche erkannt haben, dass Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft keine Kostenverursacher sein müssen, sondern ökonomische Potentiale freisetzen können. Beispielsweise im Bereich der Wiederverwendbarkeit und -verwertbarkeit von eingesetzten Materialien und der Vermeidung von Müll. Zum anderen ist sicherlich vermehrt der Druck von außen zu spüren. Konsument:innen und Besucher:innen haben heutzutage ganz andere Ansprüche in Sachen Nachhaltigkeit als noch vor ein paar Jahren. Veranstalter:innen werden sich dem auf Dauer nicht verschließen können. In diesem Kontext aus externen und internen Erwartungen und Wünschen werden zukünftig sicherlich viele spannende Konzepte entstehen.

Derzeit stehen Eventplanungsteams und Veranstaltende vor vielen Herausforderungen, wie zum Beispiel dem Fachkräftemangel oder auch Preissteigerungen in vielen Segmenten. Wie schaffen wir es, das Thema nachhaltige Eventplanung schneller nach vorne zu bringen?

Aus meiner Sicht besteht in der nachhaltigen Eventplanung eine große Chance für die Branche, um sowohl dem Fachkräftemangel als auch den grassierenden Preissteigerungen in allen Bereichen etwas entgegenzusetzen.

Der richtigen Kommunikation wird hier eine entscheidende Rolle zukommen. Gut kommunizierte und gelebte Nachhaltigkeitsziele machen die Branche insbesondere für viele junge Arbeitssuchende zu einem spannenden Arbeitgeber und können sicherlich die Mitarbeiterbindung erhöhen. Motivierte und engagierte neue Mitarbeitende wiederum sind der Schlüssel für die Entwicklung von innovativen nachhaltigen Strategien und Konzepten.

Beim Thema der steigenden Kosten ist insbesondere darauf zu achten, dass man sich in Sachen Innovation und Nachhaltigkeit nicht lähmen lässt. Gut geplante nachhaltige Konzepte können die Strahlkraft der Branche erhöhen. Es ist wichtig, hier den richtigen Fokus zu setzen und im engen Austausch mit allen beteiligten Akteur:innen die Konzepte zu finden, die nicht nur nachhaltig, sondern auch erfolgreich sind. Nicht zuletzt sollten kreislauffähige Konzepte auch dafür sorgen, dass weniger Ressourcen benötigt werden und deren Verwendung planbarer erfolgt, wodurch enormes Einsparpotential gehoben werden kann.

Kurz zusammengefasst gehe ich davon aus, dass sich nachhaltige Konzepte positiv auf die Kostenstruktur und auf die Arbeitgeberattraktivität auswirken, was dann wiederum Potentiale für weitere Innovation und Aktion im Nachhaltigkeitsbereich freisetzt.

Ist das Thema Nachhaltigkeit in der Eventbranche eigentlich ein Generationenthema? Sind hier stärker die schon lange tätigen Eventprofessionals engagierter oder ist es eher ein Thema der jüngeren Generation?

Für mich sind sowohl die etablierten wie auch die jungen Akteur:innen gleichermaßen notwendig für eine erfolgreiche und nachhaltige Reorganisation innerhalb der Branche. Ich glaube nicht, dass die junge Generation ein Monopol auf nachhaltige Denkweisen besitzt. Am Ende ist aus meiner Sicht der Wille entscheidend, etwas zu verändern. Egal ob jung oder alt, wer diesen Veränderungswillen mitbringt, wird einen entscheidenden Einfluss auf die nachhaltige Gestaltung der Branche haben.

Viele disruptive Ideen gehen bestimmt von jungen Akteur:innen aus. Damit bringen sie die alteingesessenen Akteur:innen auch ein stückweit in Zugzwang. Die finanziellen Mittel und das Netzwerk, neue Ideen erfolgreich umzusetzen, haben aber tendenziell eher die erfahrenen und langjährigen Branchenvertreter:innen.

Dein Thema ist die Kreislaufwirtschaft. Wir nähern sich Menschen, die mit der Planung und Durchführung von Veranstaltungen sowie Messen und Messeauftritten beschäftigt sind, erstmals diesem Thema? Kann ich das als einzelner Eventprofessional überhaupt leisten?

Entscheidend ist für mich das Auseinandersetzen mit dem Thema. Es ist wichtig, dass man sich selbst klar macht, was Kreislaufwirtschaft im Kontext der eigenen Unternehmung bedeuten kann. Je genauer man sich als Einzelne/r mit dem Thema befasst hat, desto besser kann eine strategische Anwendung des Konzepts gelingen.

Kreislaufwirtschaft ist allerdings sehr stark auf gemeinsames Handeln ausgelegt. Erst im systemischen Austausch mit anderen Akteur:innen innerhalb der Wertschöpfungskette, mit Kund:innen, mit anderen Branchenvertreter:innen können nachhaltige Konzepte ihre volle Kraft entfalten. In Zusammenarbeit mit einem/r Expert:in für die Kreislaufwirtschaft ist es eventuell leichter und schneller zu schaffen, den Überblick zu behalten und die maximale Wirkung der Strategie für die eigene Unternehmung zu erzielen. Schließlich geht es auch darum, die gewonnenen allgemeinen Erkenntnisse möglichst passgenau auf die eigenen Angebote, die eigene Infrastruktur und die eigenen Arbeitsweisen anzuwenden, sodass die maximale Wirkung der Strategie für die eigene Unternehmung erzielt werden kann.

Wie und wo erwerbe ich das nötige Wissen, das nötig ist, um Kreislaufwirtschaft gezielt in die Eventplanung einzubinden?

Um sich allgemein dem Thema Kreislaufwirtschaft zu nähren, bietet es sich an, auf die online verfügbaren Materialien zurückzugreifen. Bei einer einfachen Googlesuche stößt man auf allerhand großartigen Input und Materialien. Ich empfehle besonders der Ellen Mac Arthur Foundation zu folgen, Vordenker für Kreislaufwirtschaft auf globaler Ebene.

Wenn man sich dabei wohl fühlt, kann man versuchen, das so gewonnene Wissen auf die eigene Planung anwenden und umsetzen. Ein professionelles Vorgehen, um aus allgemeinen Konzepten die richtigen Schlüsse für die eigene Unternehmung zu ziehen, ist dabei notwendig, um fokussiert zu bleiben und den richtigen Weg einzuschlagen.

Um eine effiziente Auseinandersetzung mit dem Thema Kreislaufwirtschaft zu ermöglichen und direkt ein erstes kreislauffähiges Konzept zu entwickeln, habe ich einen Circular Design Sprint entwickelt. Ein Design Sprint ist eine Innovationsmethode, mit der man innerhalb weniger Tage passende Antworten auf eine bestimmte Fragestellung finden kann. Ich habe das Grundformat des Designsprints um eine systemische Betrachtungsweise erweitert und so angepasst, dass zirkuläre Ideen gesammelt und letztlich ein kreislauffähiges Konzept erarbeitet wird. Tatsächlich habe ich diesen Sprint bereits mit mac. brand spaces, einem Unternehmen aus der Veranstaltungsbranche, durchgeführt.

Sicherlich auch bedingt durch unsere Initiative Circular Black Forest finde ich es zudem äußerst positiv, wenn man bei ähnlichen Herausforderungen unternehmensübergreifend zusammenarbeitet, um das eigene Handeln im Bereich Kreislaufwirtschaft zu beschleunigen. Zum Beispiel kann man im Verbund (oder Verband) ein Konzept für einen komplett zirkulären Messestand oder eine Veranstaltung in Betrachtung der Bedürfnisse und Anforderungen mehrerer Branchenvertreter entwickeln. Die Ergebnisse daraus kann dann jeder für sich in seinen Unternehmenskontext transferieren und auf die eigenen Produkte, Infrastruktur und Arbeitsweisen anpassen. Eine frühzeitige Einbindung von Kundenseite sollte dafür sorgen, dass Kundenbedürfnisse und -anforderungen in das kreislauffähige Konzept einfließen und es somit attraktiv für Kund:innen bleibt.

Gib uns doch bitte kurz mal drei, in Deinen Augen wichtige Tipps mit, wie wir in der Event- und Messeplanung Aspekte der Kreislaufwirtschaft einbinden können.

Das würde ich am liebsten in Form von drei Leitfragen tun:

  1. Wie könnt ihr Müll vermeiden?
  2. Wie könnt ihr Produkte und Materialien solang es geht im Kreislauf halten?
  3. Wie könnt ihr für alle betroffenen Stakeholder (auch der Natur) positive Auswirkungen erzielen und zur Regeneration unseres Planeten beitragen?

Wenn ihr anfangt, diese Fragen systematisch zu beantworten, Prototypen zu entwickeln und entsprechende Pilotprojekte zu fahren, bin ich mir sicher, dass ihr damit einen beachtlichen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft leisten könnt und dabei die Wirtschaftlichkeit stets im Auge behaltet.

Zum Schluss ein Blick in die Glaskugel: Du schlägst im Jahr 2033 ein virtuelles Event-Fachmagazin auf. Was wird zum Thema nachhaltige Events wohl darin zu lesen sein?

Mein Wunsch wäre, dass man im Jahr 2033 dazu gar nicht mehr viel liest, da es nichts Besonderes mehr, sondern der Status Quo geworden ist. Utopie beiseite würde ich möglicherweise darüber lesen, wie modular und vielfältig ein Event Set-up einsetzbar ist und wie es deswegen immer wieder genutzt werden kann. Ich würde auch lesen, dass Bedenken von Umweltorganisation gegen die Ausrichtung von Veranstaltungen stark rückläufig sind, sich Zero-Waste Veranstaltungen immer mehr durchsetzen und nicht nur beim jungen Publikum stark nachgefragt werden. Außerdem werden bis dahin sicherlich regelmäßig klare und aussagekräftige Zahlen und Fakten präsentiert werden können, welchen Beitrag die Veranstaltungsbranche im Kampf gegen den Klimawandel und zur Regeneration der Natur leistet.

Vielen Dank, liebe Anna, für das Interview!

Wenn Sie sich mit Anna Reiners vernetzen möchten, finden Sie sie unter anderem hier:

Website: www.solve-circular.de

LinkedIn: Anna Reiners auf LinkedIn


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